Ein ganzes Jahr verbrachte ich mit meinem Lurchmobil und unternahm verschiedene Reisen. Meistens waren es kleine Trips. Aber einmal nahm ich mir fast 2 Monate Urlaub und startete im Frühjahr zu meiner Rundreise durch Ostdeutschland.
Im November musste ich dann zum TÜV. Zu diesem Zeitpunkt war die Garantie auf den Nugget gerade einen knappen Monat abgelaufen. Ich ging also, wie schon so oft, zu meinem Hausmechaniker und bat ihn, mein Lurchmobil durch den TÜV zu bringen.
Am nächsten Tag rief er mich an und begann mit „Ich habe eine sehr traurige Nachricht für Sie…“ Er erzählte mir, was er alles für Rostschäden an dem Fahrzeug gefunden und daraufhin beschlossen habe, Fotos vom Unterboden des Wagens zu machen. Ich zeige euch hier ein paar der Fotos.
Im TÜV-Bericht standen später erhebliche Mängel, wovon ich hier nur ein paar aufzähle:
Kurz und gut: mein geliebtes Lurchmobil kam nicht durch den TÜV und wäre beinahe stillgelegt worden.
Ich reagierte, wie ich es meistens tue: ich erzählte allen Freunden und ein paar Menschen, von denen ich annahm, dass sie vielleicht eine Lösung wüssten, von meinem Problem. Und hoffte damit ein paar Tipps zu bekommen.
Grundsätzlich gab es ja überhaupt nur 2 Varianten: Auto verkaufen oder verschrotten oder jemanden finden, der es reparieren könnte. Mein Kfz-Mechaniker schätzte die Reparaturkosten auf etwa 6000 €.
Ich holte ein paar Kostenvoranschläge verschiedener Werkstätten ein und stieß dabei schon auf viele Probleme. Viele Werkstätten hatten keine ausreichende Werkstatthöhe oder Hebebühne, die komplette Inneneinrichtung müsste ausgebaut werden und es gäbe ewig lange Schweißarbeiten. Die meisten Werkstätten, hatten nicht die Möglichkeiten oder wollten den Auftrag nicht annehmen.
Zusätzlich nahm ich mir einen Anwalt, um herauszufinden, ob ich die Möglichkeit hätte, rechtliche Schritte gegen den Wohnmobilhändler zu unternehmen. Ich bekam eine Empfehlung von einer Kollegin, die bei Gericht arbeitet. Das Gespräch hat mich doch ziemlich ernüchtert. Laut Anwalt war der Sachverhalt ziemlich klar ein glatter Betrug. Allerdings sei das schwierig nachzuweisen. Und da ich keine Rechtschutzversicherung hatte, könnte das Vorgehen teuer werden. Im ersten Schritt versuchte der Anwalt den Vorbesitzer des Wohnmobils herauszufinden um ihn zum Zustand des Wagens zum Zeitpunkt des Verkaufs zu befragen. Bei diesem völlig verrosteten Unterboden könne der Wagen unmöglich vor einem Jahr in Ordnung gewesen sein. Aber schon der TÜV vor 2 Jahren sei sicher nicht mit rechten Dingen vor sich gegangen.
Als allererstes forderte der Rechtsanwalt aber den Händler auf, die vorliegenden Mängel bis zu einer bestimmten Frist zu beheben. Auf dieses Schreiben gab es nie eine Antwort. Und leider konnte der Anwalt auch nicht den Vorbesitzer des Vans ermitteln. Er gab mir den Rat, in Ruhe über weitere anwaltliche und gerichtliche Schritte nachzudenken. Andernfalls hätte ich wenigstens die Möglichkeit eine Anzeige wegen Betruges zu erstatten.
Um die Geschichte ein wenig abzukürzen: ich hatte nach reiflicher Überlegung weder Interesse an einem ewig langen Gerichtsverfahren, das zudem teuer für mich werden könnte, noch wollte ich meinen Bus nicht fahren können, weil er zuerst als „Beweisstück“ dienen und anschließend langwierig repariert werden müsste. Ich wollte doch reisen! So viel und bald wie möglich.
Also verkaufte ich mein Lurchmobil für einen Appel und ein Ei und überlegte, wie ich an ein anderes Campingmobil kommen könnte.
Ein Ding wollte ich allerdings noch erledigen bevor ich das Thema ad Acta legen konnte: wenigstens wollte ich den Händler noch anzeigen.
Ich hatte schon längst mein neues Wohnmobil bestellt als sich ein kleiner Hoffnungsschimmer auftat, doch noch ein bisschen Gerechtigkeit für mein altes Lurchmobil zu bekommen. Auf facebook las
ich einen Hinweis auf eine Reportage im WDR über "Unseriöse
Wohnmobilhändler".
Das musste ich mir natürlich ansehen und so erfuhr ich, daß es mittlerweile eine facebook-Gruppe von Geschädigten eben jenes Händlers gab, auf den auch ich hereingefallen war. Sofort recherchierte ich, wie die Gruppe hieß und bat um Aufnahme. Ich fotografierte mein Schreiben der Staatsanwaltschaft und wurde sofort herzlich in die nicht öffentliche Gruppe aufgenommen.
Es war erschreckend, wie vielen Menschen Ähnliches passiert ist wie mir! Der Austausch zeigte mir, dass wirklich System hinter den Taten des Wohnmobilhändlers steckt und ich fühlte mich nicht mehr ganz so traurig als „naives Dummerchen, das besser hätte aufpassen sollen“.
Gerne hätte ich an dem Treffen der Gruppe teilgenommen, an dem der WDR wieder mit der Kamera dabei sein wollte. Nur leider hatte ich ja kein Wohnmobil (und auch kein anderes Auto) um hinzukommen und über Nacht zu bleiben.
Auch bei dem Ermittlungsverfahren wegen Betruges kam für mich enttäuschender Weise kein befriedigendes Ergebnis heraus.
Aber im Nachhinein bin ich froh, den Händler angezeigt zu haben. Mittlerweile gibt es mehrere Anzeigen anderer Geschädigter und vielleicht bewegt die schiere Menge irgendwann etwas.